(Performance, Landungsbrücken Frankfurt, 2012)
Das Archiv der flüchtigen Dinge ist eine Mischung aus Zufall und Ordnung. Das Archiv systematisiert. Es dokumentiert, erfasst und kategorisiert. Es vermisst, zerschneidet, ordnet, sammelt, inventarisiert – aber nicht immer kann man sich auf die Logik des Archivs verlassen.
Immer schon ist die Geste des Archivierens gewalttätig: Das Archiv stellt aus, es vergegenständlicht, es repräsentiert, es stellt etwas vor uns hin, setzt uns ins Bild. Es versammelt Körperbeschreibungen, Abdrücke, Zeichnungen, Fotografien, Filme und Tonaufnahmen von lebenden und toten Menschen. Diese Zeugnisse werden mit handwerklichen und technischen Verfahren in oftmals prekären Situationen von den Körpern abgenommen.
Und dennoch: Das Archiv rettet das vom Sterben Bedrohte. Das ist seine Legitimation. Das Archiv erinnert: Es ist Teil eines Gedenkens. Andenken wird lebendig, sobald wir aufs Neue Lebensgeschichten schildern. Dieser Meine drei Großmütter. Archiv der flüchtigen Dinge #3 will nicht hoch hinaus. Sondern verbleibt beim Naheliegenden: Meret Kiderlens drei Großmüttern.
Derjenige, der erinnert gibt Anweisungen an sein eigenes Archiv. So gerät dieses immer wieder in Bewegung: Fragmente und Versatzstücke setzen sich zu einem flüchtigen Bild zusammen, um später wieder in Vergessenheit zu geraten. Das Archiv der flüchtigen Dinge rettet, was nicht mehr zu retten ist und gibt es weiter: Töne, Bilder, Erzählungen. Die Archivare transformieren, bearbeiten, sampeln und übersetzen. Mit ihrer Individualität unterlaufen sie zugleich das Streben nach der Perfektion des Archivs. Jeder Rettungsversuch ist zum Scheitern verurteilt. Was wir sehen: Bilder, Stimmen Rauschen. Listening to the Archives
Konzept & Regie: Meret Kiderlen
Performance: Carolina Defossé, Friederike Schmidt-Colinet, Irma Mandler, Rupert Jaud
Stimmen: Albrecht Kiderlen, Annegret Schuster, Elisabeth Kiderlen, Frank Wolff, Ilse Kiderlen, KD Wolff, Luisa Reihnheimer
Ton: Rupert Jaud
Dramaturgie: Andreas Mihan, Fanti Baum, Judith Strodtkötter
Licht: Carina Premer
Persönlichen Dank an: Björn Mehlig, Christian Fleißner, Figen Aksoy, Heiner Goebbels, Isabelle Zinsmaier, Jana Lippitz, Kathrin Felzmann, Maximilian Zahn, Michaela Wunderle
Vielen Dank für die Unterstützung an: das Künstlerhaus Mousonturm, das Kulturamt der Stadt Frankfurt am Main, die Hessische Theaterakademie, das Kulturamt der Stadt Gießen, die Hochschulgesellschaft der Universität Gießen, das Giessener Studio des Hessischen Rundfunks und den Stroemfeld Verlag.


